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Erbaut: ca. 1844
Konfession: Scottish Episcopal
Die meisten Besucher der Stadt haben als vorrangiges Ziel verständlicherweise die berühmte Jedburgh Abbey. Mit der 1844 erbauten St John the Evangelist Church hat das Städtchen aber eine weitere Sehenswürdigkeit, die jedoch weitestgehend unbekannt ist. Dieses absolut sehenswerte Gotteshaus gilt als erstes Kirchengebäude des Oxford Movement, einer Bewegung, die innerhalb der Scottish Episcopal Church die katholischen Elemente stärker hervorheben wollte.
Nach dem Aufstand von 1745 fand sich Schottland schwerwiegenden Bedingungen seitens England unterworfen. Strafgesetze wurden erlassen, die es jedem episkopalen Priester verboten zu praktizieren, wenn er durch einen Bischof eingesetzt worden war. Das führte zu einem zahlenmäßigen Rückgang der Kongregationen, besonders in den Borders, aber mit fortschreitender Zeit kam es zu einer Annäherung und 1792 hob man diese Gesetze wieder auf.
Cecil Kerr, Marchioness of Lothian, war eine glühende Anhängerin des Oxford Movement, weshalb von ihr auch die Initiative zum Bau der St John the Evangelist Church in Jedburgh ausging. Man scheute keine Kosten für die erste Scottish Episcopal Church in den Borders, denn das Bauwerk sollte ein Ort von Schönheit und Heiligkeit sein, an dem ehrfürchtige Gottesdienste stattfinden konnten. Unter den Geldgebern befanden sich u.a. Queen Victoria, Königinwitwe Adelaide, die Lothian Familie sowie andere Gönner von hohem Rang.
Ein aufstrebender englischer Baumeister aus Exeter, John Hayward, wurde mit dem Bau der Kirche beauftragt und ließ die Arbeiten von lokalen Handwerkern durchführen. Man geht jedoch davon aus, dass der dem Oxford Movement nahestehende Architekt William Butterfield für den Innenausbau verantwortlich war. Am 14. Juli 1843 legte Lady Lothian den Grundstein und in einer erstaunlich kurzen Zeit, nämlich nur etwas mehr als einem Jahr, war das Gebäude fertig und wurde am 15. August 1844 vom Bishop of Glasgow eingeweiht. Nicht weniger als vier Bischöfe sowie 40 Priester waren bei der Feier anwesend.
Das Ergebnis von Hayward's Arbeit ist ein schon außen beeindruckender Bau mit Strebewerk. Den Vorbau des Eingangsbereiches betritt man durch ein Portal mit Spitzbogen. Seine äußere Archivolte endet in Kragsteinen, die die Köpfe eines Königs und einer Königin darstellen. Vermutlich weisen sie auf die bereits erwähnten königlichen Gönner hin. Dieses interessante Detail entdeckt man auch an den Spitzbogenfenstern mit MaßwerkMaßwerk, die ringsherum an dem gesamten Kirchenbau zu finden sind
Selbst der Glockenturm, in dem unter einem Spitzbogen die 1844 gegossene Glocke hängt, ist mit diesem Detail versehen. Die Glocke selbst trägt die Inschrift: „Quos convoco sal vos domine" (Jene, die ich rufe, möge der Herr sie retten). Eine weitere Besonderheit sind die „Wasserspeier", denn noch bevor es Dachrinnen gab, nutzte man schnabelförmige Ausgüsse, um das Regenwasser von den Gebäuden abzuleiten. Es sah aus, als kämen sie aus den Hälsen von monsterartigen Wesen.
Besucher der Kirche werden im Inneren überrascht bzw. beeindruckt sein, wie man schlichte Eleganz mit prunkvollem Design so gekonnt kombinieren kann. Die fast schmucklosen hell gestrichen Wände des Kirchenschiffs sowie die offene, blaugestrichene Holzdeckenkonstruktion stehen im absoluten Kontrast zu den eleganten, bunten Bodenfliesen und dem aus geschnitzter Eiche bestehenden Lettner.
Einziger Wandschmuck des Kirchschiffs sind die modernen Gemälde, die die 14 Stationen des Kreuzweges darstellen. An der Stirnseite, rechts neben dem Lettner, hängt eine russische Ikone aus dem 17. Jh., die Bischof Ramsey 1937 stiftete. Sie zeigt Jesus' Einzug in Jerusalem und bildet eine Einheit mit den Bildern zum Kreuzweg. Darunter steht die Amnesty Candle (Amnestie-Kerze), die uns, die wir in Frieden und Freiheit leben dürfen, daran erinnern soll, dass es weltweit viele Unglückliche gibt, denen dies nicht vergönnt ist.
Rechts am Übergang zwischen Kirchenschiff und Altarraum befindet sich die aus Caen Stone gefertigte Kanzel. Sie ist ebenso wie der Altar, die Sedilien sowie das Taufbecken, aus demselben Material hergestellt, ein Geschenk von Queen Adelaide (ab 1830 Königin von Großbritannien und Irland).
In den Anfangsjahren der Kirche waren die vorderen Sitzbänke für jedermann frei verfügbar. Damit wollte man die Gleichwertigkeit aller Gottesdienstbesucher demonstrieren. Diese Haltung änderte sich – eigentlich gar nicht überraschend - später. Da sah man die Armen nun doch lieber in den hinteren Bankreihen, weshalb reiche Familien Bänke mieten konnten und somit Sitze für sich reservierten. Viele Jahrzehnte lang bestand die Haupteinnahme des Gotteshauses in den Geldern aus diesen „Bankmieten". 1921 standardisierte man die Gebühren, die sich dann auf 5 Shilling im Jahr beliefen und erst 1952 schaffte man dieses System ab.
Der Lettner aus Eichenholz zwischen dem Kirchenschiff und dem Altarraum ist kunstvoll geschnitzt und stammt aus der Gründungszeit des Kirchengebäudes, lediglich die oberen Figuren fügte man später hinzu. Ursprünglich sollte die Barriere Menschen bzw. Vieh aus dem Altarbereich fernhalten. Darüber fällt der Dachbogen ins Auge, dessen Bögen symbolisieren in Kirchen die zum Gebet gefalteten Hände. Es ist z.B. auch heute noch üblich, dass Paare unter einem Altarbogen heiraten.
Wie bereits erwähnt, steht der reichlich verzierte Altarraum im starken Kontrast zum Kirchenschiff. Dieser Bereich ist den Priestern, den Ministranten sowie dem Chor vorbehalten und wird von der Kirchengemeinde nur zum Empfang der heiligen Kommunion betreten. Absolute Besonderheit sind die original erhaltenen Fliesen aus der Manufaktur Minton & Co., die nach den Designs von A.W.N. Pugin verbaut wurden.
Die Bodenfliesen in der Mitte des Raumes bilden das englische royale Wappen, sowie das von Lord und Lady Lothian. Sie zeigen die Verbundenheit der Kirche zu ihren hochrangigen Gönnern. Weitere Wohltäter verewigte man zum Dank mittels Monogrammfliesen an den Wänden. Überhaupt sollte man sich Zeit nehmen, sich mit der dargestellten Symbolik auf den lackierten Fliesen auseinanderzusetzen. Es waren wohl die letzten Dinge, die nach der Einweihung des Gotteshauses angebracht wurden. Einige erinnern an den Verrat wie auch an die Kreuzigung und stellen unter anderem einen Pfeiler mit einer Geldtasche, fünf Wunden mit einem Kreuz, einen Talar, eine Leiter mit Dornen, Nagelköpfe wie auch ein Kreuz mit Geißeln dar. Auf dem Boden im Altarraum befindet sich ein St Andrew's Cross mit dem bekannten Motto „Treue, Hoffnung, Friede und Barmherzigkeit". Ergänzende Platten zeigen die Symbole der vier Evangelisten, während man auf den Stufen zum Altarbereich Fliesen mit den sogenannten Seligpreisungen entdecken kann.
Weitere biblische Inschriften finden sich an den Treppenstufen zum Hochaltar. Dieser ist vom Chorraum neben den besagten Stufen zusätzlich mit einer Altarschranke abgetrennt und nur den Priestern sowie ihren Ministranten vorbehalten. Der Altar ist aus Caen Stone gefertigt und der absolute Mittelpunkt dieses Bereiches. Rechts davon, an der Wand, befindet sich die ebenfalls aus Caen Stone bestehende Piscina und links vom Altartisch ist ein kleiner Tisch aus demselben Material in das Mauerwerk eingelassen, der für die Eucharistiefeier diente. Darüber hinaus gibt es einen Nebenaltar, der ausschließlich in der Sonntagsmesse am Vormittag genutzt wird.
Der Chorraum beeindruckt aber nicht nur mit seinen traumhaften Bodenfliesen. Neben den beidseitig angebrachten Holzbänken für den Chor befinden sich hier rechts die drei aus Caen Stone bestehenden Sedilien und an der linken Seite die wunderschöne Orgel mit ihren kunstvoll bemalten Pfeifen. Daneben hängt eine Erinnerungstafel an den im Zweiten Weltkrieg gefallenen Leutnant Francis (Tony) Fasson, dem posthum das George Cross für besondere Tapferkeit verliehen wurde. Am 30. Oktober 1942 wurde das deutsche U-Boot U-559 vor der Küste Ägyptens aufgebracht und durch die britische Marine so schwer beschädigt, dass es sank. Der Leutnant schwamm in einem mutigen Einsatz zusammen mit einem Kameraden zum sinkenden Unterseeboot und rettete die darin befindlichen wertvollen Codebücher sowie die Enigma-Maschine für die Briten. Dies stellte einen unschätzbaren Wert für die Alliierten dar, kostete Fasson, wie auch seinem Waffenbruder allerdings das Leben – beide ertranken beim Untergang.
Traditionell wird das Taufbecken zum Ende der Kirche hin ausgerichtet, also an der Stirnseite gegenüber dem Altarraum. Es symbolisiert so den Beginn der „Reise" des Christen durch das ganze Leben hin zu Gott. Seitlich am Taufstein sind Symbole für die vier Evangelisten angebracht. In alten Zeiten wurde das Wasser am Ostertag geweiht und dann das gesamte Jahr über für Tauffeiern benutzt. Das Becken war deshalb mit einem Deckel verschlossen, um so das Weihwasser zu schützen. Heutzutage wird das Wasser am Tag der Taufe geweiht.
Wenn man durch den Chorraum und das Kirchenschiff geht, sollte der Blick nach oben wandern: Am unteren Ende eines jeden Dachbalkens befindet sich ein Kragstein, der aus Caen Stone besteht. Diese Mauervorsprünge, in Form gemeißelter Köpfe, blicken wie stumme Beobachter auf die Gemeinde. Im Altarbereich stellen die Häupter zwei gekrönte Frauen sowie vier angelsächsische Bischöfe dar. Im Kirchenschiff gibt es zehn weitere Kragsteine mit Köpfen, darunter sechs Bischöfe und vier Königinnen.
Traditionell werden Kirchenfenster nach Osten ausgerichtet. Die Wahl der Himmelsrichtung geht schon auf vorchristliche Zeit zurück – sie zeigt die Richtung an, in der die Sonne aufgeht, und wird immer mit Licht, Hoffnung und Wiedergeburt verbunden. Der Westen bedeutet Abendstimmung, Ende des Tages oder Finsternis. Er wird in Verbindung gebracht mit Urteil, Jüngstes Gericht und Tod.
Dieser Tradition folgend stellt das Fenster über dem Altar links den Weg zum Kreuz, in der Mitte die Auferstehung und rechts das unerträgliche Leiden am Ölberg im Garten von Gethsemane dar. Es soll uns an den zentralen Punkt der christlichen Botschaft erinnern. Die westlichen Buntglasfenster am Ende der Kirche zeigen, wie der Evangelist Johannes die Jungfrau Maria vom Kreuzigungsplatz wegführt, mittig die Grablegung und rechts daneben das leere Grab. Unterhalb der beiden östlichen Fensterscheiben sieht man die Wappen der Familie Lothian. Im Altarraum ist in den einzelnen Fenstern die Auferweckung des Lazarus abgebildet und eine Darstellung wie Jesus die Kinder segnet.
Besuchern fällt als Erstes das überdachte Friedhofstor auf, durch das man den Kirchhof betritt, das von dem namhaften viktorianischen Architekten William Butterfield entworfen wurde. Dieses Tor sollte die Sargträger vor schlechtem Wetter schützen, da diese den Friedhof nur betreten durften, nachdem die Angehörigen die Sterbeurkunde vorgelegt hatten. Danach konnte die Begräbniszeremonie fortgesetzt werden.
Die Gräber auf dem Friedhof sind über ein Jahrhundert alt. Eine Grabstätte, die von besonderer Bedeutung ist, ist die von Catherine MacMillan Scott, die hier in der St John the Evangelist Church getauft wie auch begraben wurde. Wegen ihrer fragilen Gesundheit wurde ihr eine Ausbildung zur Krankenschwester verwehrt. Daraufhin schloss sie sich einem religiösen Orden des Oxford Movement an und pflegte ihr Leben lang die Waisen sowie Bedürftigen von Manchester. Ihr tragischer Tod kam schon mit 34 Jahren, da sie sich bei ihrer Arbeit mit einer Krankheit angesteckt hatte. Das Cottage Hospital in Jedburgh wurde nach ihr benannt.
Heute hat die St John the Evangelist Church zum Ziel, treu zu dieser Tradition zu stehen, eine Kirche zu sein, der jeder willkommen ist, wo Gottesdienste die Größe Gottes erkennen lassen und die Seelsorge für Jung sowie Alt großgeschrieben wird.
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Pleasance |
N 55°28'52.28" |
ganzjährig, |
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